Dienstag, 20. Oktober 2009

Pressekritik "Schöne Müllerin" Speyer 17.10.09

Der Schwärmer als gereifter Mann

Bass-Bariton Thomas Herberich und Pianist Kai Adomeit gestalten Schuberts Zyklus „Die schöne Müllerin" im Speyerer Ratssaal


von rainer köhl


Franz Schuberts Zyklus „Die schöne Müllerin" stand am Samstag auf dem Programm der „Speyerer Liedertage" im Historischen Ratssaal. Bass-Bariton Thomas Herberich ließ dabei eine große Stimme hören, mit großer Klavierkunst begleitete Kai Adomeit.

Der Müllergeselle, der „Die schöne Müllerin" besingt, ist ein Leidensbruder des Wandergesellen aus der „Winterreise": nicht so hoffnungslos, nicht so pessimistisch, aber ähnlich fatal verstrickt in Liebesleid, in ein Wechselbad der Gefühle, das zwischen Hoffen und Resignation pendelt. Von den wahren Gefühlen der schönen Müllerstochter ist hier nicht viel zu erfahren. Vielmehr projiziert der singende Müllergeselle seine Wunschvorstellungen, Hoffnungen und Träume sowie Enttäuschungen in Dialoge mit der Natur.

Diese Stimmungsschwankungen nivellierte Thomas Herberich weitgehend, um dem Zyklus seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Der Bass-Bariton, der zunächst Kirchenmusik am Bischöflichen Institut in Speyer studierte, bevor er sein Gesangsstudium aufnahm, hat sich auf der Opernbühne und vor allem im Oratorienfach Verdienste erworben. Auch bei seinem Schubert-Gesang ließ er eine prachtvolle Stimme hören - von sonorer Kraft erfüllt im Forte, kultiviert, warm und balsamisch strömend im Pianogesang.

Dabei gelangen dem Sänger die idyllischen Momente besonders überzeugend: Ganz zärtlich gestaltete er die lieblichen Augenblicke, baute bisweilen eine intime Stimmung auf. Und doch war Herberich nicht so recht der verliebte Müllersbursch", der sich in Träumen verliert, als vielmehr ein gereifter Mann, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht. Einer, der weiß, was er will. Einer, der in sich ruht und keine Zweifel daran hat, ob die schöne Müllerstochter ihn liebt.

Ohne Zweifel tut sie das in seinen Augen. Und so ist auch kein Platz für Verzweiflung in seiner Seele. Herberich sang den Müllersburschen abgeklärt, mit sich und der Welt im Reinen, dabei immer mit einer väterlichen Attitüde, wo jugendliches Schwärmen und Bangen angebracht wäre. Wie zornerfüllt er den Jäger anging, der bei der Mühle vorbeizuschauen wagt, dort wo das „zärtliche Rehlein" wohnt, das hatte dramatische Intensität. Mit dynamisch forttreibenden Liedern neben Innehalten brachte der Bassist große Spannung in diesen Zyklus. Mit großer Nachdenklichkeit erfüllte der Sänger die gedankentiefen Lieder wie „Die liebe Farbe", ließ die Stimme dabei weit ausströmen in den leisen Registern und ließ das Abgeklärte der beiden Schlusslieder himmlische Dimensionen gewinnen.

Kai Adomeit entlockte dem Flügel überaus reiche Nuancen an klangsublimer Beseeltheit und Expression. Die lieblichsten Naturstimmungen beschwor der Pianist mit Klang und gestalterischem Ausdruck. So brachte Adomeit die Seelenbefindlichkeiten dieses Zyklus in seinem Part, zwischen Verzweiflung, Leid, trügerischem Glück und Todessehnsüchten, zu schönster Eindringlichkeit.


Montag, 21. September 2009

Montag, 14. September 2009

Clips vom Elias in Wesselburen Thomas Herberich Bass





Thomas Herberich als Elias

Mendelssohn Bartholdys Oratorium „Elias“ aufgeführt

PFORZHEIM. Aufruhr der Massen, Not des Volkes, Verzweiflung über das eigene Leben und Wirken, um dem zu begegnen muss man nicht die Zeitung aufschlagen. Dies findet sich auch schon in Mendelssohns Oratorium „Elias“, das von Jugendkantorei und Motettenchor Pforzheim, dem Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim unter der Leitung von Kord Michaelis in der evangelischen Stadtkirche darstellungsmächtig in Szene gesetzt wurde.
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Dramatisches Potenzial
Frühzeitig scheint Mendelssohn erkannt zu haben, welch dramatisches Potenzial der biblische Stoff enthält, geeignet unterschiedlichste Spannungsmomente und reiche Gefühlsfacetten in einem gemeinsamen Handlungsstrang von großer Ereignisdichte zu vereinen. Bereits als 25-jähriger, zehn Jahre vor der Vollendung des Werkes, begeisterte sich Mendelssohn für die Geschichte des Elias.

Das jedoch erst nach einigen Geburtswehen zustande gekommene Libretto passte er schließlich seinen Bedürfnissen an. Dabei verband er die Szenen musikalisch ohne Unterbrechungen so, dass sie das Bild eines vorwärtsdrängenden Geschehens ergeben. Der zumeist das Volk darstellende Chor und die Solisten lösen sich dermaßen nahtlos ab, Handlung, Kommentare und Gebet sind in so dichter Folge miteinander verschränkt, dass eine ungeheure Dynamik entsteht, die den Hörer mitreißt. Besonders wenn die ausgefeilte Dramaturgie des Werkes derart plastisch umgesetzt wird, wie es unter Leitung von Kord Michaelis geschah. Er führte Chor und Orchester zu wohl abgestuft in den Gesamtzusammenhang eingebettete Klangentwicklungen. Mit sachlichem Dirigierstil vermied er dabei sorgfältig ein ständiges Überzeichnen der zahlreichen sich anbietenden Höhepunkte. Der große Klangapparat blieb dadurch stets steigerbar und gestaltungsfähig. Thomas Herberich als Elias lotete in vielgestaltiger Weise die Facetten der Person aus. Sein Elias war zornig bis nahe dem Bersten der Stimme, höhnisch sarkastisch gegenüber den Anhängern Balls, dann wieder plötzlich verwandelt in einen eindringlichen Betenden voll sanftmütiger Ehrfurcht. Seine stimmliche Ausdrucksmacht bewegte sich in der Spanne von volltönendem, die Würde eines Propheten versinnbildlichenden Bass bis hin zur zurückgenommenen Sphäre der Resignation.

Ausdrucksstarke Solisten
Die Altistin Nina Amon entfaltete besonders in den ruhigen Arien ausdruckstarke und klangvolle weite Bögen. Betörenden Stimmklang bot Alexander Pfitzenmeier, wahrhaft Engelgleich mit leuchtender Timbre, dabei präzise und agil. Die Sopranistin Kirsten Drope überstrahlte mit sinnlich glühendem Schmelz das Ensemble. Ausgezeichnet in hochdramatischen Hilferufen ebenso wie in stärker in sich ruhenden Arien, sang sie mit vollendet rundem Ton, gestochen scharfer Präzision, höchst beweglich doch ohne jegliche Unruhe. Neben drei auch solistisch hervortretenden Chormitgliedern bot der junge Thomas Dombrowski eine besondere Hörfreude als Sänger der Knabenpartie mit glasklar blitzenden Hochtönen. Mehr als einmal konnte man in dieser Aufführung eine Gänsehaut bekommen.Ruth Wolfstieg

Mittwoch, 22. April 2009

Presse Matthäuspassion in Bruchsal 2004

Bruchsaler Rundschau Nr. 63 vom Dienstag, 16. März 2004 - Seite 14

Im Dienst der Glaubensverkündigung

Glanzvolle Aufführung von Bachs "Matthäus-Passion" in der Bruchsaler Paulskirche

Sieger bleiben nicht die heuchlerischen Hohenpriester, Schriftgelehrten, Pharisäer und anderen "Kreuziger", die Passion Jesu findet ihr Ende nicht in der Grabesruhe, sondern kulminiert in der glorreichen Auferstehung am dritten Tag mit dem Vermächtnis an uns, dass Jesus Christus aus Liebe zu uns Menschen und insbesondere für die Sünder und deren Erlösung gestorben ist. Wenn auch die Matthäuspassion aus der genialen Feder des fünften Evangelisten alias Johann Sebastian Bach mit der Grabesruhe Jesu endigt, konnte ein kontemplatives Zelebrieren dieses "opus summum", dieses "höchsten Werkes" in der Bruchsaler Pauluskirche den Durchblick fürs "Ganze" öffnen. Gott sei Dank gibt es noch geistliche Konzerte, die nicht nur dem musikalischen Selbstzweck eines möglichst hohen künstlerischen Niveaus dienen, sondern sich in den Dienst der Glaubensverkündigung stellen.

Mit Bezirkskantor Leo Langer stand der Bruchsaler Aufführung ein Kirchenmusiker vor, der den Verkündigungsauftrag ernst nahm. Es ist die nicht handhabbare emotionale Dimension, welche die riesige Schar an Mitwirkenden verinnerlicht hatte und an das Publikum im vollbesetzten Gotteshaus versprühte. Fesselnd wären alleine schon die Äußerlichkeiten bei diesem Passionskonzert gewesen. Die katholischen Kantoreien Bruchsal und Eberbach bildeten den geforderten Doppelchor, der Jugendchor San Taddeo Neureut übernahm die sopranistischen Ripienostimmen. In historischer Disposition hatte das üppig besetzte Barockorchester "l'arpa festante" aus München Platz genommen. Fünf exzellente Solisten komplettieren das Ensemble, welches nahezu vier Stunden gefordert ist.

Unermesslich sind Vorbereitungszeit und Aufwand, der sich mehr als gelohnt hat. Die beiden Chöre ergänzten sich vortrefflich, gestalteten die Choräle in verständlicher Diktion und inhaltslogischer Dynamik und Agogik. Langer formte die bisweilen vornehm-lyrische Eberbacher und die gleichermaßen strahlendüberzeugende Bruchsaler Kantorei zu einer homogenen Einheit. Dem Tenor Jürgen Ochs schien die Rolle des Evangelisten in seiner deutlichen Artikulation und überzeugenden Rezitationstechnik wie auf den Leib geschneidert zu sein. Die demutsvolle tiefe "vox christi" hätte mit Thomas Herberich, dessen wohltuende, gleichsam sedative Sonorität und sympathische Expressivität besonders gefielen, kaum idealer besetzt werden können. Hubert Wild gestaltete die Partien der übrigen männlichen Soliloquenten und die Bassarien mit Pathos und emphatischem Ausdruck. Sabine Götz (Sopran) und Susan Marquardt (Alt) erwiesen sich als Spezialistinnen hinsichtlich einer sängerischen barocken Aufführungspraxis. Ihre schlanke Tongebung erlaubt viele Feinheiten im Bereich der musikalischen Rhetorik und Poetik.

Aus ebensolchen instrumentalen Experten setzt sich das renommierte Barockorchester "l'arpa festante" zusammen, welches auf historischen Instrumenten einwandfrei und professionell agierte. Ein emotionales Eintauchen mancher Instrumentalisten hätte sich nicht nur in einer dynamisch differenzierteren Interpretation niedergeschlagen, sondern einmal mehr eine "Gänsehaut" hervorgerufen. Leo Langer bewies insbesondere bei den Accompagnato-Rezitativen seine dirigentische Meisterschaft. Einige Schweigeminuten am Ende der Passion demonstrierten sodann die Ergriffenheit von Publikum und Mitwirkenden, ehe die ersteren ihren berechtigten Dank und ihre Anerkennung in noch längeren Beifallsstürmen zum Ausdruck brachten.

Markus Zepp

Sonntag, 19. April 2009

Presse Friedberg

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Mittwoch, 1. April 2009

Carl Heinrich Grauns Passionskantate „Der Tod Jesu" in Bad Dürkheim

Eine Entdeckung

Carl Heinrich Grauns Passionskantate „Der Tod Jesu" in Bad Dürkheim


Von Roland Happersberger


Bad Dürkheim. Unbedingt hörenswert war die Aufführung der großen Passionskantate „Der Tod Jesu" von Carl Heinrich Graun durch die Dürkheimer Schlosskirchenkantorei, ein tadelloses Solistenquartett und das Heidelberger Kantatenorchester, nicht zu vergessen Stefan Göttelmann an der Orgel, am Sonntag in der Schlosskirche. Kirchenmusikdirektor Jürgen E. Müller behielt alle Fäden in der Hand und sorgte für eine spannende, wohlklingende und nie langweilige Aufführung - obwohl das Werk immerhin anderthalb Stunden dauert.


In gewisser Weise führt Grauns Oratorium in fast unbekanntes musikalisches Terrain. Der Komponist war Hofmusiker bei Friedrich II., und mit dem Preußenkönig seit Rheinsberger Jugendzeiten verbunden. „Der Tod Jesu" ist 1755 im damaligen Berliner Dom uraufgeführt worden, fünf Jahre nach Bachs Tod, ein Jahr vor Mozarts Geburt, und während der Stil der Choräle und einiger in altmeisterlich polyphonem Stil komponierter Chorsätze sich nicht weit von Bach entfernt hat, atmen die Sologesänge einen ganz anderen Geist, der dem heutigen Musikfreund am ehesten in den frühen italienischen Mozartopern begegnet sein mag. Das kommt nicht von ungefähr: Graun war den neuesten italienischen Operntendenzen verpflichtet. Hier obwalten heitere Melodieseligkeit und eine gewisse freilich zur konventionellen Gleichartigkeit tendierende Gefühligkeit, die auch vom Libretto vorgegeben ist.


Seine Reime, freie, mit Betrachtungen angereicherte Nacherzählungen der biblischen Passionsberichte, stammen von Carl Wilhelm Ramler, einem Literaturpapst jener Übergangsepoche, und neben einer ziemlich indezenten Gefühligkeit, mit der sie Jesu Leiden gleichsam auf die Pelle rücken, transportieren sie ein ziemlich kaltes Tugend-Raisonnement und ein ganz eigentümlich verwässertes Gottesbild. Man denkt unmittelbar an Goethes Satire auf die kräftig modernisierende Bibelübersetzung des auch am Dürkheimer Fürstenhof wirkenden dubiosen Theologen Carl Friedrich Bahrdt, in welcher dieser den unvermutet zu Besuch kommenden vier Evangelisten eröffnet, sie müssten erst mal ihre unmodernen Bärte scheren und ihre antiken Mäntel durch moderne Anzüge ersetzten, bevor er mit ihnen in Gesellschaft gehen könne.


Etwas von dem ist auch an diesem Oratorium, das gleichwohl besonders im Epilog einige unbedingte musikalische Kostbarkeiten enthält. Es beginnt schlicht, mit einer einfach und wohlklingend gesetzten Choralstrophe auf die Melodie von „O Haupt voll Blut und Wunden". Der eigentliche Eingangschor ist eine an sich recht konventionell angelegte, allerdings emotional aufgeladene Chorfuge, die Müller im Tempo, wohl wegen dieses Affektgehaltes („Sein Odem ist schwach") recht breit nimmt. Das gibt dem Chor Gelegenheit, die Koloraturen ohne Hast ungemein korrekt und wohlklingend auszuführen, und in der Folge entwickelt sich ein ungemein beeindruckend wogender Chorklang, in dem Männer- und Frauenstimmen einander kontrastreich, stimmlich schön und gut ausbalanciert gegenüberstehen. Auch die Dynamik ist vorzüglich ausbalanciert, ebenso wie das klangliche Verhältnis zum Organisten und zum Orchester, die souverän, klangschön und in hakenloser Kommunikation zusammenwirken - all das Qualitäten, die bis zum Schluss anhalten.


Der Sopranistin Elsbeth Reuter fiel das erste der nun folgenden Rezitativ-Arie-Paare zu, das Rezitativ gestaltete sie ansprechend, aber etwas neutral, während sie in der folgenden, nach diesem Beginn überraschend schwungvoll und strahlend einsetzenden Da-Capo-Arie - mit kontrastreich-düsterem Mittelteil - deren ungemein opernhaften Charakter prachtvoll auskostete. Antonietta Jana, die das zweite derartige Paar sang, schien sich in den Ausdrucksgehalt der Rezitative stärker vertieft zu haben, sie gestaltete wunderbar, brachte in der Arie schöne, schwungvoill tänzelnde Koloraturen. Graun liefert auch hier eine Musik, wie man sie in einem Passionswerk nicht eigentlich vermuten würde.


Noch mehr tat der leider nur an einer Stelle ausgiebiger beschäftigte Tenor Thomas Jakobs, der erst vor einer Woche in Lambrecht in Mendelssohns „Lobgesang" sehr für sich eingenommen hatte: Ungemein agil detailreich gestaltend gab er seiner Partie ungeheure Spannung. Dass dabei gewissermaßen sein Körper mitsang, ist kein Manierismus, sondern Ausdruck dessen, dass die Komposition ungemein beweglich, dass die gegensätzlichsten Affekte ganz dicht beieinander sind und dauernd umschlagen. Seine gleichermaßen schlanke wie kraftvoll geschmeidige Stimme setzte sich mühelos gegen den Orchesterklang durch, er sang das Rezitativ geradezu rasant und wagte dabei stimmlich einiges; dass dabei wenige Details nicht ganz stimmten, tat nichts zu Sache. Und die Arie war einfach mitreißend.


Thomas Herberich, der bewährte profunde Bass, machte das ganz anders. War bei Jakobs alles flirrende Bewegung, stand Herberich fest wie ein Baum, sang sicher, überlegen, kostete die Affekte auf ganz andere Weise aus. Sein Text handelte von Ungewittern, die er machtvoll donnern, und von Sonnenstrahlen, die er prachtvoll glänzen ließ. Stimmgewaltig füllte er das Kirchenschiff, seine so ganz anderen stimmlichen Ausdrucksmittel eben ganz anders, aber ebenso gescheit einsetzend wie sein Vorsänger. Nicht zuletzt von diesen - in den gemeinsamen Sätzen vorzüglich gebändigten - unterschiedlichen Personalstilen der Solisten lebte die Aufführung zu einem Gutteil.


Nach Herberichs Monumentalespressivo nimmt sich die sozusagen ungeheuer objektive, jeden Zeit- und Personalstil ausschließende große Doppelfuge „Christus hat uns ein Vorbild gelassen" geradezu frappierend aus; die Kantorei bringt sie zu zügig vorwärtsdrängender spannungsvoller Strahlkraft. Bleibt, noch einiges Schöne am Ende hervorzuheben, etwa Herberichs geradezu inbrünstig vorgetragenes, auch musikalisch hochinteressantes Accompagnato „Es steigen Seraphim" - auch im Orchester vorzüglich - und der herrliche vorletzte Satz. Allein seinetwegen verdient Grauns Oratorium, nicht vergessen zu werden.


POESCHH

Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Bad Dürkheimer Zeitung
Ausgabe: Nr.76
Datum: Dienstag, den 31. März 2009
Seite: Nr.21
"Deep-Link"-Referenznummer: '4820699'
Präsentiert durch DIE RHEINPFALZ Web:digiPaper

Mittwoch, 4. März 2009

100 Jahre Reger-Orgel in Bad Salzungen: Gefeiert mit einem ebenso außergewöhnlichen wie eindrucksvollen Konzert.

Bad Salzungen – Dass es keine glamouröse Geburtstagsgala, kein rauschendes Festbankett braucht, um den 100. Geburtstag einer ehrwürdigen Jubilarin angemessen zu feiern, bewies die evangelische Kirchgemeinde Bad Salzungens: Sie beging das langjährige Bestehen ihrer prachtvollen Reger-Sauer-Orgel viel passender mit einem ebenso außergewöhnlichen wie beeindruckenden Konzert. Dessen Programm nicht nur dem des Einweihungskonzertes von 1909 entsprach, sondern auch am gleichen Tag, zur selben Stunde wie vor 100 Jahren in der Stadtkirche „St. Simplicus“ aufgeführt wurde. Und das besonders mit dem letzten Teil für nachhaltige Ergriffenheit, für seelenvolle Bewegtheit beim begeisterten Publikum sorgte – damals sicher ebenso wie heute.
Neben der Ökumenischen Stadtkantorei Bad Salzungen/Dermbach und dem Motettenchor, neben Solisten und dem Mitteldeutschen Kammerorchester verlieh auch das Geburtstagskind höchstselbst mit seinen drei Manualen und 41 Registern dem Festabend besonderen Glanz. Sorgte die ruhige „Prélude“ von Alexandre Guilmant noch für einen gemessenen Auftakt, so präsentierte sich die Salzunger Königin der Instrumente später bei der „Fantasie in C-Moll“ von Adolph Friedrich Hesse herrlich kraftvoll brausend und machtvoll. In energischen Dreiklängen, kunstvoll gespielt von Gewandhausorganist Michael Schönheit, leuchtete das Adagio, fesselte die Zuhörer mit intensivem Ausdruck. In ruhigere Gefilde steuerte das Orgelschiff seine Zuhörer beim anschließenden Andante graciosa, verzauberte mit diesen einfach nur wunderschönen, geheimnisvoll-stumpfen, zurückgenommenen Tonmelodien. Um sich schließlich hypnotisch, weltverschlingend, von überirdischer Größe kündend, im fantastischen Finale Bahn zu brechen.
In sanften Harmonien richtete der Motettenchor, verstärkt von der Stadtkantorei, mit dem „Salvum fac regem“ von Karl Löwe einen musikalischen Dank an Herzog Georg II. Denn es war der Theaterherzog, der der Kirchgemeinde damals die Orgel schenkte.
Eine Vielzahl heute nur noch selten gespielter Kompositionen machte das Festkonzert zu einem besonderen Hörerlebnis. Die alles andere als angestaubten Stücke ließen auch das Jahr 1909, das Leben, Denken und Streben der Menschen damals mit ernsthaftem Charme lebendig werden. Neben urchristlichem Chorgesang beim „Adoramus te“ von Giovanni Pierluigi Sante aus Palestrina, bei dem der Hörer unmittelbar und bewegend an dem Leiden Jesu am Kreuz teilhatte, trugen die Chormitglieder auch eine weihevolle, in hellen Stimmen schwelgende Komposition des Salzunger Kirchenmusikdirektors Bernhard Müller für den damaligen Knabenchor vor. „Vergiss mein nicht, mein allerliebster Gott“, flehte der berührende, klare Sopran Nicole Umbreits, erst allein, dann im Duett mit Tenor Rüdiger Husemeyer und endlich im überströmenden geistlichen A-cappella-Gesang des Chores.
Absolutes Highlight des Geburtstagskonzertes aber waren die Auszüge aus dem Oratorium „Paulus“ von Felix Mendelssohn Bartholdy. Mit einer lieblichen Arie von Sopranistin Nicole Umbreit begann der „Tod des Stephanus“. Innig spielten dazu die Geigen des Mitteldeutschen Kammerorchesters, das Flötenspiel rührte mit anmutigen Weisen. Doch bald schlug die Stimmung um: Dramatisch hetzten nun die Geigen, aufwühlend alarmierten die Hörner, schlugen die Trommeln im grollenden Takt, wisperte, rief und schrie der wogende, fordernde Chor: „Steinigt ihn!“ Der Aufregung folgte die tiefe Trauer: In wehmütigen Worten ließ Tenor Rüdiger Husemeyer den Tod des Märtyrers Gewissheit werden, klagte der Chor in zu Tränen rührendem Gesang.
Die „Bekehrung des Paulus“ machte sich zunächst mit einer wütenden Bariton-Arie von Thomas Herberich Luft, begleitet von aufreizendem Trompetenklang. Beim ergreifenden „Damaskuserlebnis“, wo Saulus sich zu Paulus wandelt, sang der Chor als Vision Jesus, der den bekehrten Pharisäer auffordert, sich aufzumachen und Licht zu werden. Jubilierend und fanfarengleich hell triumphierte der Chor im Schlussteil, kündete vom Wunder der Bekehrung, wie schon das ganze Konzert über meisterhaft und sicher dirigiert von Kantor Hartmut Meinhardt. Er und alle seine Sänger und Musiker sorgten mit ihrer Wiederholung des Einführungskonzertes für eine wirklich angemessene, unvergessliche Ehrung des gelassen über allen thronenden Geburtstagskindes in der Stadtkirche. an

Freitag, 27. Februar 2009

Reger-Orgel hat Geburtstag

Reger-Orgel hat Geburtstag

Kantor Hartmut Meinhardt an der Max-Reger-Orgel in Bad Salzungen.  Foto: Privat
Kantor Hartmut Meinhardt an der Max-Reger-Orgel in Bad Salzungen. Foto: Privat
Bad Salzungen. (tlz) Zum 100. Geburtstag der Max-Reger-Orgel Bad Salzungen wird am Sonnabend in der Stadtkirche das Programm rekonstruiert, mit dem das Instrument im Jahre 1909 eingeweiht wurde. Neben Chorsätzen von Giovanni Pierluigi da Palestrina, Karl Löwe und Christian Adam Helmbold sowie Orgelwerken von Alexander Guilmant und Adolph Friedrich Hesse werden dabei "Steinigung des Stephanus" und "Bekehrung des Saulus" aus dem Oratorium "Paulus" für Soli, Chor, Orgel und Orchester von Felix Mendelssohn Bartholdy für Höhepunkte sorgen.

Die Ausführenden sind Nicole Umbreit, Sopran, Rüdiger Husemeyer, Tenor, und Thomas Herberich, Bariton, die Ökumenische Stadtkantorei und der Motettenchor Bad Salzungen/Dermbach, das Mitteldeutsche Kammerorchester und Michael Schönheit, Orgel. Die Gesamtleitung liegt in den Händen von Kantor Hartmut Meinhardt.

Die Orgel wurde von Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen als Dank für die hervorragende Kirchenmusik in Bad Salzungen gestiftet und 1909 als opus 1025 von Orgelbauer Wilhelm Sauer (Frankfurt/Oder) nach den Vorstellungen des Meininger Hofkapellmeisters und Komponisten Max Reger sowie des mit ihm befreundeten Leipziger Thomaskantors Karl Straube geschaffen. Es handelt sich hierbei um ein einmaliges und im Originalzustand erhaltenes Werk aus der Zeit der Spätromantik.

Viele Instrumente dieser Periode sind infolge der "kirchenmusikalischen Erneuerungsbewegung" bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein "neo-barockisiert" oder durch andere Instrumente ersetzt worden. Heute weiß man, wie wichtig es ist, solche Instrumente zu erhalten, die ein charakteristisches Zeugnis von der Klangwelt einer musikgeschichtlichen Epoche ablegen.

Ein Teil der Orgel, nämlich das erste Manual und Pedal, wurde im alten Orgelgehäuse von 1790 untergebracht. Für das II. und III. Manual errichtete man zu beiden Seiten Extragehäuse. So wurde Platz für insgesamt 41 Register geschaffen.

Großes Interesse in der Musikwelt

Max Reger reiste 1912 von Meiningen nach Bad Salzungen, um gemeinsam mit seinem Schüler Herrmann Poppen, Orgelrevisor von Baden, das Instrument zu probieren. Nach grundlegenden Reparaturarbeiten durch Orgelbaumeister Christian Scheffler (Frankfurt/Oder) 1993 gewinnt das wertvolle Instrument immer mehr Interesse im In- und Ausland. CD-Einspielungen, Fernsehaufnahmen und Konzerte internationaler Spitzenorganisten belegen die Bedeutung der "Reger-Orgel".

Um die reiche kirchenmusikalische Tradition Bad Salzungens auch weiterhin auf einer tragfähigen materiellen Basis pflegen zu können, ist im November 2007 der "Förderkreis der Ökumenischen Stadtkantorei und der Kirchenmusik in Bad Salzungen" gegründet worden. Dieser knüpft vor allem an die "Tradition Müller" an. Gemeint ist der verdiente Stadtkantor, der den Salzunger Kirchenchor zu einem in ganz Deutschland bewundertem Ensemble entwickelte.

! Sonnabend 28.02.09, 17 Uhr, Stadtkirche in Bad Salzungen