Mittwoch, 18. Mai 2011

Presse Chor-Orchester-Konzert Burgkirche Bad Dürkheim am 15.05.2011

Nichts geht über das Original

Chor-Orchesterkonzert mit „alter und neuer Barockmusik” in der Burgkirche


Von Roland Happersberger


Bad Dürkheim. Durchaus zufrieden konnte der Zuhörer mit dem Chor-Orchester-Konzert der Bad Dürkheimer Kirchenmusik unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Jürgen E. Müller zum Sonntag „Jubilate” in der Dürkheimer Burgkirche sein. Barockes stand im Mittelpunkt, ansprechend realisiert vom Bad Dürkheimer Kantatenorchester, der Kleinen Cantorey und einer Schar kompetenter Vokal- und Instrumentalsolisten.


Sehr eigenartig der Beginn. Das lag nicht an der Ausführung, sondern am Werk, einem „Concerto grosso für Streicher” des Briten Karl Jenkins. Das Concerto grosso ist eine typische Gattung des Barocks, Jenkins hingegen erblickte im Jahr 1944 das Licht der Welt und ist in Jazz, Pop, Sinfonik und geistlicher Chormusik ebenso zu Hause wie in der Fabrikation von Reklamemusik. Das „Palladio” benannte Concerto grosso sei eine Stilkopie, belehrte das Programm. Sollte da einer fröhlich im Stil des 18. Jahrhunderts komponieren wollen?


Nicht ganz. Das Werk wirkte wie ein Concerto grosso, dem das Concertino abhanden gekommen ist, also die Solisten, die die melodischen Akzente setzen. Immerdar wurden die selben kurzatmigen Motive ostinat wiederholt und bestenfalls leicht variiert, so als sei die Melodiestimme verlorengegangen. Die Art dieser Motive erklärte das Phänomen einigermaßen: So ähnlich wird „Minimal Music” gemacht, aber Jenkins' - übrigens tadellos gespielte - drei Sätze waren nicht immer, aber über weite Strecken schlicht ziemlich langweilig. Sie öffneten aber die Aufmerksamkeit dafür, wie große Anteile der nachfolgenden Werke auf ähnlich zubereitetem Begleitstimmen-Fundament fußten - wobei in ihnen allerdings auch sonst genug passiert.


„Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen”. So beginnt der Eingangschor der Bach-Kantate BWV 12 zum Sonntag Jubilate, deren Thema die Verwandlung dieser Zustände, die von Gottes Hilfe erhoffte Wende zum Guten ist. Die Kantate wurde vorzüglich musiziert, klar aufgebaut, durchsichtig, angemessen und schön. Die Kleine Cantorey bewies Transparenz und Strahlkraft, die drei Solisten - Thomas Nauwartat, eleganter Altus, Andreas Seibert, bestens disponierter Tenor, und Thomas Herberich, ruhig-klarer Bass - gaben Arien und Duetten Ernsthaftigkeit und Ruhe, die Instrumentalbegleitung war ohne Tadel. Wunderschön, mild fließend, zur meditativen Versenkung einladend.


Dann Bachs 3. Brandenburgischen Konzert in G-Dur, das den Musikern einiges an solistischer Standfestigkeit abverlangte. Drei Geigen, drei Bratschen, drei Celli, dazu der Generalbass führen die lebhaften Ecksätze aus, den langsamen Mittelsatz hat Bach nicht notiert, an seine Stelle tritt eine improvisierte „Cadenza”, die Thomas Göttelmann gekonnt am Cembalo ausführte. Das Spiel der Streicher hatte Schwung und Zusammenhang, wobei besonders der erste Geiger, Nils Hilbert, durch entschieden und sicher gestaltendes Spiel für sich einnahm.


Das vielleicht schönste Erlebnis des Konzert war aber Johann Pachelbels Kantate „Jauchzet dem Herren, alle Welt”, in der Machart einfacher als die Bachkantate, aber dadurch oft überraschend. Sie begann, nach kurzer Sonata, mit einem prachtvollen, strahlkräftig vorgetragenen Eingangs- chor, strahlend-frisch danach die Tenor-Arie mit feiner Generalbassbegleitung und Ritornellen, in denen Flöte und Oboe wunderbar musizierten. Ein Höhepunkt: der von einem Solo des Chor-Alts eingeleitete Choral „Nun danket alle Gott”, ein kunstvolles polyphones Gebilde, das die Cantorey durchscheinend und freudesprühend vergegenwärtigte, geradezu jugendlich frisch. Dann ein Duett von Altus und Sopran (Iris Wagner), ungemein vergnügt, harmonisch, klangvoll und fein vorgetragen, dass es eine Freude war, eine knappe, ebenfalls vorzüglich gesungene Bassarie, schließlich eine etwas ausführlichere Arie, in die sich Sopran und Tenor teilten, dann die abermals strahlende Schlussfuge.


Das alles war auch musikalisch so reich erfunden, so knapp und im Grunde einfach verarbeitet, dass das Musizieren merklich Spaß machte. Und so war auch der Schlussbeifall verdientermaßen herzlich und ausgiebig, die Schlussdoxologie der Pachelbelkantate wurde als Zugabe gerne wiederholt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen