Dienstag, 26. April 2011

Presse Homilius Landau Stiftskirche Karfreitag 2011

Blick auf die Passion

Gottfried August Homilius' Passionsoratorium „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld” mit Landauer Kantorei und das Südpfälzische Kammerorchester unter Stefan Viegelahn in der Stiftskirche.

Es hat etwas Gegensätzliches, Widersprüchliches an sich, am Tag nach Ostern über den Karfreitag nachzusinnen, wenn bereits das freudevolle Halleluja um den Sieg über den Tod erklungen ist, nun aber in der Betrachtung des Geschehens auf Golgatha der schwere Klang tiefer Trauer und wehmütiger Klage nochmals nachhallt, die es begleitet haben.

Karfreitag, kirchenmusikalisch gefeiert, ist meist ohne Bach nicht denkbar. Diesmal aber haben die Landauer Kantorei und das Südpfälzische Kammerorchester das kompositorische Schaffen eines anderen in den Mittelpunkt gerückt und Gottfried August Homilius ins Blickfeld gehoben, von dem es heißt, dass er zu Lebzeiten und noch Jahrzehnte danach weit berühmter gewesen sei als sein Lehrer Johann Sebastian Bach. Wieder zahlte sich in Verständnis erweckender Weise die schätzenswerte Gewohnheit der Stiftskantorei aus, mit dem im Programm enthaltenen Geleittext Gertie Pohlit zu Wort kommen zu lassen, die in kluger Hinführung Leben und Werk von Homilius erschloss. Mancher wird zuvor bei der Erwähnung des Namens mit den Achseln gezuckt haben; nun wusste man aber, dass man einem Komponisten begegnen würde, der bei seinen Zeitgenossen hohes Ansehen genoss und sich durch reiches Schaffen auszeichnete.

Aufgeführt haben Kantorei und Kammerorchester mit „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld” ein Passionsoratorium, das sich von Bachs oratorischen Passionsvertonungen deutlich unterschiedet. Hier richtet ein nachbetrachtender Außenstehender den Blick auf die Vorgänge, ein Pfarrer mit Namen Ernst August Buschmann, der wohl häufiger für Homilius gearbeitet hat. Ihm stand er gleichsam als Berichterstatter zur Seite. Die Schilderung des Geschehens in Rezitativen und Arien wird mit weitgehend bekannten Chorälen verbunden. Diese geben dem Hörer als gedankliche Brückenpfeiler das Geleit durch die textliche und kompositorische Schöpfung.

Kantorei und Kammerorchester unter der Leitung von Stifts- und Bezirkskantor Stefan Viegelahn haben die Komposition in hoher harmonischer Übereinstimmung mit den Solisten Katharine Hannah Weber, Sopran, Judith Ritter, Alt, Steffen Barkawitz, Tenor und Thomas Herberich, Bass, wiedergegeben: bewährte und verlässliche Interpreten kirchenmusikalischer Literatur. Der ansehnliche Besuch bestätigte erneut die weitreichende Resonanz der Konzerte in der Stiftskirche. Auch Kirchenpräsident Christian Schad gehörte zu den Gästen des Konzerts.

In tadelsfreier vokaler und instrumentaler Artikulation war es ein akustisches Erlebnis, eine weitere Perle in der Kette der Darbietungen, die für die vorbildliche Pflege der Kirchenmusik an der Stiftskirche sprechen. Anders als mit reichem, überzeugendem Beifall nach der Totenglocke am Ende konnte diese Leistung nicht gewürdigt werden. (hd)