Dienstag, 20. Oktober 2009
Pressekritik "Schöne Müllerin" Speyer 17.10.09
Der Müllergeselle, der „Die schöne Müllerin" besingt, ist ein Leidensbruder des Wandergesellen aus der „Winterreise": nicht so hoffnungslos, nicht so pessimistisch, aber ähnlich fatal verstrickt in Liebesleid, in ein Wechselbad der Gefühle, das zwischen Hoffen und Resignation pendelt. Von den wahren Gefühlen der schönen Müllerstochter ist hier nicht viel zu erfahren. Vielmehr projiziert der singende Müllergeselle seine Wunschvorstellungen, Hoffnungen und Träume sowie Enttäuschungen in Dialoge mit der Natur.
Diese Stimmungsschwankungen nivellierte Thomas Herberich weitgehend, um dem Zyklus seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Der Bass-Bariton, der zunächst Kirchenmusik am Bischöflichen Institut in Speyer studierte, bevor er sein Gesangsstudium aufnahm, hat sich auf der Opernbühne und vor allem im Oratorienfach Verdienste erworben. Auch bei seinem Schubert-Gesang ließ er eine prachtvolle Stimme hören - von sonorer Kraft erfüllt im Forte, kultiviert, warm und balsamisch strömend im Pianogesang.
Dabei gelangen dem Sänger die idyllischen Momente besonders überzeugend: Ganz zärtlich gestaltete er die lieblichen Augenblicke, baute bisweilen eine intime Stimmung auf. Und doch war Herberich nicht so recht der verliebte Müllersbursch", der sich in Träumen verliert, als vielmehr ein gereifter Mann, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht. Einer, der weiß, was er will. Einer, der in sich ruht und keine Zweifel daran hat, ob die schöne Müllerstochter ihn liebt.
Ohne Zweifel tut sie das in seinen Augen. Und so ist auch kein Platz für Verzweiflung in seiner Seele. Herberich sang den Müllersburschen abgeklärt, mit sich und der Welt im Reinen, dabei immer mit einer väterlichen Attitüde, wo jugendliches Schwärmen und Bangen angebracht wäre. Wie zornerfüllt er den Jäger anging, der bei der Mühle vorbeizuschauen wagt, dort wo das „zärtliche Rehlein" wohnt, das hatte dramatische Intensität. Mit dynamisch forttreibenden Liedern neben Innehalten brachte der Bassist große Spannung in diesen Zyklus. Mit großer Nachdenklichkeit erfüllte der Sänger die gedankentiefen Lieder wie „Die liebe Farbe", ließ die Stimme dabei weit ausströmen in den leisen Registern und ließ das Abgeklärte der beiden Schlusslieder himmlische Dimensionen gewinnen.
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