Mittwoch, 23. März 2011

„Wirf Dich in den Staub” Pressestimme zum Konzert am 15.03.11 in der Schloßkirche Bad Dürkheim

„Wirf Dich in den Staub”

Herberich und Müller bieten beim Konzert zur Passionszeit in der Schlosskirche alttestamentarische Strenge

Von Inge Kirsch

Bad Dürkheim. „Beuge Dich, o Menschenseele" lautet der Titel einer „geistlichen Szene für mittlere Stimme und Orgel” des aus Mannheim stammenden, 2009 verstorbenen Komponisten Giselher Klebe. Das Stück gab auch dem Konzert zur Passionszeit den Namen, das der Bass-Bariton Thomas Herberich und Jürgen E. Müller an der Orgel am Dienstag in der Schlosskirche in Bad Dürkheim aufführten.

Ein jäh einsetzender, langgezogener Ton der Orgel und die ebenso jäh einsetzende, voll tönende Stimme des Bass-Baritons klangen, als wenn einer der alten Propheten das Volk zur Umkehr riefe. In einem dramatischen zwölftonigen Vortrag werden die Allgewalt Gottes und die Nichtigkeit des Menschen beschworen. Des Menschen lächerliche Arbeiten, die er gegen die dröhnende Macht Gottes zu verteidigen sucht, seine schwachen Argumente, werden in meckernden, disharmonischen Tönen der Orgel abgetan, die Arbeiten Gottes laut bis schrill intoniert. Die Orgel braust förmlich bei der Aufforderung „Wirf Dich in den Staub vor Deinem Herrn und Gott!”, die Singstimme ist kaum noch zu hören. Die Beschwörung der „fliehenden Menschenseele” sich zu demütigen wird oft von lang anhaltenden Orgeltönen dramatisch unterstrichen. Endlich aber kommt der Lohn der Demütigung, die Farben der Musik hellen sich auf, die Töne steigen an, der Mensch wird als Kind Gottes in dessen Herrlichkeit aufgenommen.

Die folgenden Orgelchoräle zu Lied 518 des Evangelischen Gesangbuchs „Mitten in Leben sind wir vom Tode umfangen” entsprachen dann wieder mehr den vorherrschenden Hörgewohnheiten. Sie sind auch thematisch verbunden mit dem folgenden „O plenus irarium dies” des französischen Barockkomponisten Sebastien de Brossard. Der Tag des Zornes Gottes und des Untergangs der Welt wird von Thomas Herberich souverän mit diffizilen Koloraturen gestaltet. Die „Stürme des Untergangs” gehen über in ein sanft klingendes, nicht von Angst verzerrtes kindliches Gottvertrauen.

Ganz anders die Musik zum Buch Hiob des spätromantischen schwedischen Komponisten Oskar Lindberg: Hier wechseln sich Orgel und Rezitation ab. Der Sänger erzählt die Geschichte des Hiob. Die Personen, Hiob, seine Frau, seine Besucher, der Teufel und Gott, werden durch das Orgelspiel charakterisiert. Nur einmal, als Hiob Gott angeklagt hat und dieser ihm antwortet, im Wendepunkt der Geschichte, dem „Melodram”, erklingen Stimme und Orgel gemeinsam. Gott in seiner Macht verweist Hiob auf seinen Platz in der Schöpfung, seine beschränkte Einsicht berechtigt ihn nicht, mit Gott zu hadern, egal, welche Strafen er ihm schickt. Oskar Lindberg hat dieses Stück in Zusammenarbeit mit dem Schauspieler Anders de Wahl geschrieben, und Thomas Herberich war hier auch in seinen schauspielerischen Fähigkeiten gefordert. Die sonore Stimme Gottes kontrastierte er merklich mit der metallisch gepressten Stimme des Satans und dem hämischen Ton von Hiobs Frau.

Hiob wird schließlich doch noch von Gott entschädigt und belohnt, so, wie es auch im letzten Stück, „Von den himmlischen Freuden” versprochen wird. Der Barockkomponist Johann Rosenmüller, der von seinen Reisen den italienischen Stil kannte, zeigt hier eine Form der symmetrisch konstruierten Solo-Kantate. Warnend werden die Menschen beschworen, ihr Heil nicht zu verspielen. Das Konzert endet mit einem vielfach wiederholten Amen, so sei es, „dass wir nach dem Tod erstehen, dass wir Gott im Glanze sehen.” So getröstet konnte das nicht sehr zahlreich erschienene Publikum seinen reichlichen Applaus für ein sehr vielfältiges Konzert spenden. Thomas Herberich war etwas erkältet und musste sich ab und zu räuspern, das tat aber der Qualität seines Vortrags keinen Abbruch.

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